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Berg-

 

Milchvieh

 
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Stallbau Schritt für Schritt

INDIVIDUELLE LÖSUNGEN

Bei den Recherchen konnten wir Betriebe in den Bergregionen Österreichs besuchen und im Gespräch mit den Bauern und Bäuerinnen näher kennenlernen. Aufschlussreich war dabei, die Entwicklungsschritte zu verfolgen und einen Einblick zu gewinnen, wie an die Aufgabe herangegangen wurde und welche Ergebnisse daraus resultierten. Wir haben zwar nicht „den Milchviehstall für Bergbetriebe“ gefunden, aber viele völlig unterschiedliche Lösungen angetroffen.

Die Spannweite reicht von Ställen mit verbesserten Anbindeständen und erneuerter Melk- und Entmistungstechnik über Lösungen mit möblierten Ausläufen und Nutzung der Anbindehaltung zum Melken und für Extremwettersituationen bis hin zu Laufställen unterschiedlichster Bauarten.

Die Antworten zu den einzelnen Themenbereichen sind so individuell, wie es die Betriebe in ihrer ganz speziellen Situation sind. Auch wenn die Baulösungen große Unterschiede aufweisen und ähnliche Problemstellungen auf unterschiedliche Art gelöst wurden, lassen sich doch einige Gemeinsamkeiten feststellen.

 

Gründe für Investitionen in den Stall

Hauptgrund für eine Investition ist immer eine nicht zufriedenstellende Arbeitssituation im Stall – unabhängig ob Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb. Zu hoher Zeitaufwand, umständliche Arbeitsabläufe und schwere körperliche Arbeiten waren meist der Auslöser für Baumaßnahmen. Enge Stallungen mit veralteter Aufstallung und schlechte Luft- und Lichtverhältnisse wurden als weitere Entscheidungskriterien angeführt. Somit spielt auch die Verbesserung des Tierwohls eine wichtige Rolle.

Der Haupterwerbsbetrieb benötigt die Modernisierung und Arbeitserleichterung, um im Haupterwerb bleiben zu können, der Nebenerwerbsbetrieb ebenfalls, um Nebenerwerb und außerbetriebliche Arbeit besser zu vereinbaren.

Bei einem Betrieb waren es zu viele Stunden für die wenigen Kühe, beim anderen die schwere Arbeit beim Einfüttern. Der eine musste umständlich die Kühe in den Auslauf und auf die Weide treiben, dem anderen fehlte überhaupt die einfachste Entmistungs- oder Melktechnik. Es waren keine überzogenen Wünsche, sondern vernünftige und nachvollziehbare Anliegen, die durch den Stallbau verbessert werden sollten.

 

Die Planungsphase

Diese Phase wird übereinstimmend als die wichtigste angesehen, der man sich ausreichend Zeit widmen sollte. Die durchschnittliche Planungszeit von 1,5 Jahren zeigt, dass ein solches Projekt genügend Zeit benötigt, auch wenn es sich nur um kleine bauliche Eingriffe handelt. Bevor die konkrete Planung beginnt, müssen sich Alt und Jung gemeinsam über die Zukunft des Betriebes einig werden. Daraus werden Ziele definiert, die völlig neue Perspektiven ergeben können.

Erst werden vage Pläne geschmiedet und Informationen gesammelt. Berufskollegen, Baufirmen (meistens vor Ort), Aufstallungsfirmen, Institutionen wie Raumberg/Gumpenstein, BOKU oder die Vetmeduni und das ÖKL werden als Informationsquellen kontaktiert. Als wichtiger firmenunabhängiger Kontakt für die Beratung und Unterstützung bei der Planung werden die Baureferate der Landwirtschaftskammern und Bauberater von BIO AUSTRIA gesehen.

Besuche auf anderen Höfen werden als sehr sinnvoll für eigene Entscheidungen erachtet; der Erfahrungsaustausch ist eine Inspirationsquelle. Alle untersuchten Betriebe beschäftigten sich mit mehreren unterschiedlichen Varianten. Ausschlaggebend für die endgültige Entscheidung waren aber immer die Baukostenschätzung und die finanzielle Machbarkeit.

In dieser Phase entschieden sich alle wichtigen Dinge; während der Bauzeit wurde nicht mehr viel geändert. Kleine Verbesserungsvorschläge kamen meistens noch von Handwerkern, was deren Bedeutung für einen gelungenen Bau unterstreicht.

 

Die Bauphase

Besonders schwierige Arbeitsabschnitte waren Abbrucharbeiten tragender Bauelemente (Außenwände, Stützen, Decken), aufwändige Betonarbeiten sowie Umbauarbeiten während des laufenden Betriebs.

Von fast allen Betrieben wurden keine (oder nur wenige) Angebote zu einzelnen Gewerken eingeholt; eine genaue Baukostenübersicht war kaum vorhanden. Einzig die Baukostenschätzung aus der Planungsphase diente als Kontrolle. Für den Erfolg dürfte das aber nicht bedeutend gewesen sein, da alle Betriebe den zuvor gesteckten Kostenrahmen eingehalten haben. Nur für Güllegrubenbau, Aufstallung und Melktechnik wurden Angebote eingeholt.

Baumeister-, Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten wurden vorwiegend an regionale Firmen übergeben. Solche Firmen sind es gewohnt, dass von Bauherren auch Eigenleistung eingebracht wird. Zudem wurde oft Holz aus dem eigenen Wald verbaut.

Der Eigenleistungsanteil und die Hilfe von Nachbarn und Bekannten spielte bei den Betrieben eine enorm wichtige Rolle, ansonsten wäre für viele das Bauvorhaben nicht realisierbar gewesen.

 

Die Gewöhnungsphase

Alle Befragten waren mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Anfangs skeptische Altbauern und Altbäuerinnen wurden nach der Eingewöhnungsphase (im Mittel drei bis vier Wochen) vom neuen Stall positiv überrascht.

Das Auslauf-/Weidemanagement und der Melkstand werden als große Erleichterung erwähnt. Als Erfolg der Baumaßnahme gilt außerdem, dass Arbeiten delegiert werden können oder der Stall von einer Person „gemacht“ werden kann.

Veränderungen gegenüber dem alten Stall gab es hauptsächlich in den Bereichen Herden- und Weidemanagement. Häufig traten im Laufstall Klauenprobleme auf, die zuvor in der Anbindehaltung nicht festgestellt wurden.

 

Persönliche Meinungen

Aufmerksam wird die Diskussion über die Anbindehaltung verfolgt. Eine Anbindehaltung in Kombination mit Auslauf und Weide stellt für alle Befragten ein gut funktionierendes, für die Tiere vertretbares und in den Bergregionen oft unverzichtbares System dar.

Auch wenn im Fragebogen zu vielen Themen fast gleiche Antworten gegeben wurden, sind die gebauten Ergebnisse aufgrund verschiedener Rahmenbedingungen und Erwartungen unterschiedlich. Bei der Rinderhaltung spielen im Vergleich zu anderen Sparten Individualität und Unverwechselbarkeit − insbesondere in Bezug auf das Erscheinungsbild des Stallgebäudes und die harmonische Eingliederung in den Hof − eine entscheidende Rolle. Besonders Holz wird als wichtigster Baustoff wahrgenommen und ganz bewusst eingesetzt.

Tipps

"Kopiert keine fremden Baulösungen, sondern findet euren ganz speziellen eigenen Stall!"

"Besucht so viele Betriebe wie möglich und nutzt diese Möglichkeit!"

"Gestaltet euer Bauvorhaben eigenleistungsfreundlich und nutzt eure Netzwerke!"

"Ruhig an die neue Situation herangehen, das Schwierigste ist ohnedies schon geschafft!"

 

Fragebogen

Mit Hilfe eines Fragebogens wurden die Gründe für die Investition, die Baumaßnahme und die Erfahrungen nach der Fertigstellung abgefragt:

  • Abfrage von allgemeinen Betriebsdaten
  • Fragen zur Planungsphase
  • Bauvorbereitung und Bauphase
  • Fragen zur Eingewöhnungsphase
  • Persönliche Meinungen