EIP ProjektBerg-Milchvieh |
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Vielfalt trägt Früchte: Geflügelmast, Kräuteranbau, Schule am Bauernhof und Kalbinnenaufzucht
Exkursionsbetrieb
BETRIEB KAML
Der Betrieb ist ein aus Überzeugung biologisch bewirtschafteter Mehrgenerationenhof. Die Milchviehhaltung brachte auf dem mit sehr wenig Fläche ausgestatteten Betrieb viel Arbeit, aber wenig Einkommen. Heute bietet der Hof trotz seiner geringen Größe Arbeitsplätze für viele Familienmitglieder, denn Geflügelmast, Schule am Bauernhof, Kräuteranbau und Kalbinnenaufzucht lassen sich auch auf wenig Fläche erfolgreich umsetzen.
Betrieb vor der Neuausrichtung
Vor der Umstellung gab es am Betrieb durchschnittlich 4 Milchkühe und 3 Jungrinder. Die Milch der Kühe wurde an die Molkerei geliefert. Außerdem standen 2 Pferde am Betrieb. Der Großteil des Haushaltseinkommens stammte aus der außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit, nur ca. ein Fünftel des Einkommens konnte aus dem Verkauf der Milch generiert werden. Eine Arbeitskraft arbeitete Vollzeit am Betrieb und wurde bei Bedarf von Familienangehörigen unterstützt.
Schritt für Schritt neu strukturiert
Die Milchviehhaltung bedeutete viel Arbeit für wenig Lohn. So beschlossen die Betriebsführer, auf Produkte zu setzen, die tatsächlich nachgefragt waren.
Die Nachfrage im Fokus
Eine Milchkuh mit hohen Zellzahlen gab schlussendlich den Ausschlag, gänzlich aus der Milchviehhaltung auszusteigen. 2005 war die Nachfrage nach Kalbinnen-Aufzuchtbetrieben noch hoch. So entschloss man sich, anstatt der Milchkuhhaltung auf Kalbinnenaufzucht zu setzen. Bereits 1994 entschied sich die Familie außerdem für den Einstieg in die Putenhaltung. Der Trend zu hellem Fleisch schaffte immer mehr Nachfrage nach Putenfleisch. Man begann mit wenigen Tieren und baute den Betriebszweig weiter aus. Neu ins Angebot aufgenommen wurden später noch Brotbackkurse. Sie stießen sofort auf reges Interesse. Auch Kräuter wurden immer mehr nachgefragt, sodass der Auf- bzw. Ausbau dieses Betriebszweiges von Erfolg gekrönt war.
Vom Kleinen zum Großen
Bei allen Betriebszweigen wurde klein begonnen und dann Schritt für Schritt – aufbauend auf den gemachten Erfahrungen – erweitert. Durch die gut besuchten Brotbackkurse entwickelte sich die Idee, auch Schule am Bauernhof anzubieten. Der Betrieb, wie er sich heute präsentiert, ist nicht das Ergebnis langfristiger Planung, sondern langsamer Entwicklung.
Geflügel bringt gutes Geld – aber auch große Herausforderungen
Natürlich gab es mit der Veränderung auch immer wieder Herausforderungen – eine besondere Schwierigkeit stellten unterschiedliche Krankheiten in der Geflügelhaltung dar. Hier wurden bereits viele Erfahrungen gesammelt und aus Fehlern gelernt.
Kräuter vom Berg schafften weiteren Arbeitsplatz
Als ein befreundeter Kräuterbauer aufgrund seiner Pensionierung seine Tätigkeit beendete und einen Nachfolger suchte, übernahm Familie Kaml diese Aufgabe. Man holte sich das Know-how auf den Hof und übernahm auch die Vermarktungspartner. So konnte ein weiterer Vollzeitarbeitsplatz am Betrieb geschaffen werden.
Vielfalt ist eine große Chance
Mit dem Ausstieg aus der Milchviehhaltung ist auch der Konkurrenzdruck weggefallen. Der aktuelle Betrieb mit den unterschiedlichen Betriebszweigen bietet viele Alleinstellungsmerkmale, was Familie Kaml als große Chance sieht. Ihrer Einschätzung nach könnten durchaus mehr Betriebe etwas Ähnliches erfolgreich aufbauen.
Fortbildungen sind notwendig
Für die gelungene Weiterentwicklung des Betriebes war aber auch entsprechend viel neues Wissen erforderlich. Unterschiedliche Kurse und Lehrgänge – z.B. im Bereich Kräuter, Heilpflanzen und Schule am Bauernhof – boten dafür eine gute Basis.
Aktuelle Betriebsführung
Durch die schrittweise Neuorientierung gibt es mittlerweile mehrere Betriebszweige am Hof.
Kalbinnen verwerten Grünland
Auf dem Hof der Familie Kaml werden für zwei Partnerbetriebe Kalbinnen aufgezogen. Diese acht Kalbinnen verwerten das Futter der Grünlandflächen. Einkommen kann aus der Kalbinnenaufzucht allerdings wenig erwirtschaftet werden.
Geflügel
Pro Jahr werden am Betrieb 100 Stück Puten und 180 Stück Hühner gemästet. Während der Sommermonate wird das Geflügel gemästet und im Herbst geschlachtet. Schlachtung sowie küchenfertige Zerlegung finden direkt am Betrieb statt. Die Geflügelschlachtung ist zwar keine schöne Arbeit, dafür aber gut bezahlt. Die Schlachtung am Hof ist bei Geflügel leichter und günstiger umzusetzen als bei Wiederkäuern, Hygiene und eine geschlossene Kühlkette sind jedoch wichtig.
Schule am Bauernhof
Jedes Jahr kommen bis zu 1 000 Kinder auf den Hof, um Einblicke in den Alltag am Bauernhof zu bekommen. Sie backen Brot, basteln und lernen viel über Kräuter. Die Kurse werden in den Jugendherbergen in der weiteren Umgebung beworben. Auch von den lokalen Volksschulen kommen
viele Kinder auf den Hof.
Kräuteranbau
Kräuter werden am Betrieb erst seit dem Jahr 2018 angebaut. Dieser Betriebszweig befindet sich noch im Aufbau. Die Kräuter finden auf Märkten, direkt am Hof und in verschiedenen Bauernläden zufriedene Käufer:innen.
Arbeitszeit
Am ehemaligen Milchviehbetrieb war eine Person Vollzeit beschäftigt, drei Personen halfen bei Bedarf stundenweise mit. Durch die Umstellung bietet der Betrieb nun vielen Familienmitgliedern einen Arbeitsplatz. Zwei Personen arbeiten Vollzeit am Betrieb, zwei weitere sind jeweils circa 20 Wochenstunden am Betrieb tätig. Drei weitere Familienmitglieder helfen regelmäßig mit. Kräuteranbau und -verarbeitung sind sehr zeitaufwändig – mehr als ein Drittel der gesamten Arbeitszeit ist durch diesen Betriebszweig gebunden. Ein weiteres Drittel geht in die Kalbinnenaufzucht. Die Puten- und Hühnerhaltung ist weniger zeitintensiv. Nur 20 % der gesamten Arbeitszeit wird hierfür aufgewandt. Für „Schule am Bauernhof“ sind es nur rund 15 %.
Einkommen
Vor der Betriebsumstellung wurden 80 % des Haushaltseinkommens außerbetrieblich erwirtschaftet, nur 20 % kamen aus der Milchviehhaltung. Durch die Umstellung hat sich auch die Einkommenssituation verändert. Das Haushaltseinkommen – von inzwischen sieben Personen – kommt nun zu 60 % aus der Landwirtschaft, nur mehr 39 % werden durch außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten erarbeitet. Innerhalb der Landwirtschaft bringt die Geflügelhaltung am meisten ein, gefolgt vom Kräuteranbau und Schule am Bauernhof. Die Kalbinnenaufzucht trägt finanziell kaum zum Einkommen bei.
Investitionen und arbeitswirtschaftliche Organisation
- Der vorhandene Anbindestall kann für die Kalbinnenaufzucht weiter genutzt werden.
- Der Geflügelschlachtraum wurde im bestehenden Stall untergebracht.
- Errichtung eines Nebengebäudes (Putenstall, Raum für alle Aktivitäten rund um Schule am Bauernhof, Räumlichkeit für die Kräutertrocknung und -verarbeitung): € 60.000
- Kühlhaus und Rupfmaschine für die Geflügelschlachtung: Kosten € 7.000
- Geräte für die Kräuterverarbeitung: Kosten € 2.000
Blick in die Zukunft
Am Betrieb soll in näherer Zukunft der Kräuteranbau ausgeweitet und die Produktpalette um Säfte, Sirup, Marmeladen usw. ausgebaut werden. Auch die Imkerei wäre ein interessantes Standbein. Aufgrund der hohen Nachfrage nach ihrem Geflügelfleisch überlegt Familie Kaml auch den Putenstall zu erweitern. Dadurch könnte ein zusätzlicher Vollzeitarbeitsplatz geschaffen werden.
Tipp von Betrieb zu Betrieb
„Die Landwirtschaft bietet unglaublich viele Möglichkeiten zur Veränderung und Weiterentwicklung – dafür muss man nur kreativ und flexibel sein! Neue Betriebszweige möglichst klein beginnen und ausprobieren, wie es läuft! Überschaubar bleiben und Investitionen gut überdenken!“
Salzburg | Pongau | Wagrain |
Biobetrieb |
970 m Seehöhe |
Ø Niederschlag/Jahr: 1.800 mm |
6 ha Grünland 1 ha Hutweide 450 m² Kräutergarten 4 ha Wald |
vorher |
nachher |
4 Milchkühe 3 Jungrinder 2 Pferde |
100 Puten/Jahr 180 Hühner/Jahr 8 Kalbinnen (Hobbytiere: Pferde, |
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Kräuteranbau |
Schule am Bauernhof |
Ausbildungen im Rahmen der Betriebsveränderung |
Ausbildung zur Kräuterpädagogin |
Lehrgang Heilpflanzen in der Volksheilkunde |
Zertifikatslehrgang Schule am Bauernhof |
Hygieneschulung |